Die meisten von uns kennen vermutlich durch Stress verursachte Kopfschmerzen oder Nackenverspannungen. Doch nicht nur bei diesen Beschwerden spielt Stress eine Rolle: Neben zahlreichen anderen Faktoren ist negativer Stress ein bedeutsamer Faktor in der Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerzen generell – und im Speziellen bei Rückenschmerzen.
Gerade im Zusammenhang mit Schmerzen im unteren Rücken haben viele Menschen Ängste und sind stark verunsichert, was sich wiederum auf unseren Körper ebenfalls als Stress auswirkt. Lass uns einen Blick darauf werfen, welchen Einfluss diese mentalen Belastungen auf unseren Körper haben und was du aktiv dagegen tun kannst, wenn der Rücken schmerzt.
Das vegetative Nervensystem
Stress setzt eine komplexe Reaktion im Körper in Gang, bei der das vegetative Nervensystem eine zentrale Rolle spielt. Dieses ständig aktive System regelt in unserem Körper die Abläufe, die wir nicht mit dem Willen steuern können und reguliert unter anderem Atmung, Herzschlag, Stoffwechselprozesse und auch die Muskelspannung. Teil dieses Nervensystems sind die beiden Gegenspieler Sympathikus und Parasympathikus.
Während der Sympathikus uns anregt und körperlich und geistig leistungsfähig macht, sorgt der Parasympathikus für Ruhe und Entspannung. Wenn wir kurzfristigen Stress erleben, arbeiten diese beiden Systeme im Gleichgewicht und ermöglichen eine adäquate Reaktion auf die Stresssituation. Bei anhaltendem Stress kann es jedoch zu einem Ungleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus kommen: Der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt und das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet.
Diese Alarmbereitschaft kann zu muskulären Verspannungen führen und sorgt dafür, dass wir Schmerzen intensiver wahrnehmen. Durch die Ausschüttung von Cortisol ist meist auch der Schlaf negativ beeinträchtigt, was wiederum zu einem Mangel an Regeneration führt und unseren Körper erneut in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Auf diese Art und Weise kann also eine Negativspirale aus Stress und Schmerz entstehen.
Strategien zur Stressbewältigung
Um diesem Kreislauf zu entkommen, ist es essentiell, Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln und das Gleichgewicht im vegetativen Nervensystem wiederherzustellen.
Antonia Hauptfleisch ist Physiotherapeutin und spezialisiert auf die Behandlung von unteren Rückenschmerzen. Als Therapeutin arbeitet sie mit dem biopsychosozialen Modell, das die körperliche Gesundheit ebenso berücksichtigt wie psychologische und soziale Faktoren. Neben der Arbeit in einer Physiotherapie-Praxis bietet sie auch Online Coaching bei Rückenschmerzen an. www.physio-remote.ch
Zum einen ist es natürlich sinnvoll, die Anforderungen im Alltag zu verändern, wann immer das möglich ist, oder auch die mentale Einstellung anzupassen, den Stress also anders zu bewerten. Entspannung kann aber auch auf vielen anderen Wegen gelingen, zum Beispiel spazieren gehen, ein warmes Bad nehmen, Musik hören oder soziale Kontakte pflegen. Hilfreich sind zusätzlich regelmässige Entspannungstechniken, die nachhaltig entspannen, wie Meditation, Yoga, Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung.
Was tun bei Rückenschmerzen?
Was kann man nun aber konkret gegen die Schmerzen im unteren Rücken tun? Zuerst einmal ist es wichtig zu wissen, dass in rund 90% der Fälle keine ernsthafte Erkrankung oder Verletzung dahintersteckt. Rückenschmerzen können intensiv und beängstigend sein und es ist von grosser Bedeutung diese zu verstehen und einen Plan an die Hand zu bekommen, was man selbst dagegen tun kann. Denn ein guter Umgang und ein Verständnis der Schmerzen sind der erste und wichtigste Schritt zur Verbesserung.
Meine Tipps:
- Bleibe auf jeden Fall aktiv und in Bewegung und vermeide Bettruhe
- Sorge für genügend Schlaf und Regeneration zum Beispiel durch Entspannungsübungen
- Bewege deinen Rücken regelmässig ganz gezielt in alle Richtungen so weit es dein Schmerz aktuell zulässt
Übungen zur muskulären Entspannung & Mobilisation
1. Bauchatmung
Komm in eine für dich bequeme Position und lege deine Hände auf den Bauch. Atme dann durch tief durch die Nase in den Bauchraum ein und lasse die Luft langsam durch die leicht geöffneten Lippen wieder ausströmen.
2. Beckenkippung
Stelle beide Beine hüftbreit an und lasse dein Becken nach unten und oben kippen, so dass dein unterer Rücken im Wechsel rund und hohl wird..
3. Beckenkreise im Päckli
Ziehe beide Knie zum Bauch und halte sie mit den Händen fest. Lass dann in dieser Position dein Becken langsam in eine Richtung kreisen.
4. Dehnung Piriformis-Muskel
Starte in Rückenlage mit angestellten Beinen. Lege einen Fuß auf den Oberschenkel des anderen Beines. Greife mit beiden Händen das aufgestellte Bein, zieh es zu dir und halte diese Position ca. 30 Sekunden..
5. Cat-Cow
Komme in einen Vierfüsslerstand und starte mit dem Rücken in neutraler Position. Senke den Kopf und lasse deine gesamte Wirbelsäule rund werden. Im Anschluss hebe den Kopf, blicke nach vorne und lass deinen Rücken langsam Richtung Hohlkreuz sinken.