Konzentrative Meditation – Shamata (skt.)

Unsere Aufmerksamkeit spielt eine der zentralen Rollen in unserem Leben und ist eine der wichtigsten kognitiven Leistungen des Gehirns. Fast alles in unserem Leben dreht sich um Aufmerksamkeit. Aber wie wichtig ist sie wirklich für uns, wie ist es aktuell um die durchschnittliche Aufmerksamkeitsfähigkeit des modernen Menschen bestellt und wie kann man sie trainieren?

Unsere Aufmerksamkeit – ein hohes Gut (=> Hier gehts zum Podcast)
Die Fähigkeit, sich auf eine Sache zu konzentrieren und ablenkende Reize auszublenden, ist für den Erfolg in vielen Lebensbereichen von entscheidender Bedeutung. Ob beim Studium, im Beruf oder im Alltag – wer über eine gute Aufmerksamkeitsfähigkeit verfügt, kann klarer denken und handeln.

Der amerikanische Gelehrte und Übersetzer des Dalai Lama B. Alan Wallace erklärte, dass nur wenige Dinge stärkeren Einfluss auf unser Leben nehmen würden, als unsere Fähigkeit, aufmerksam zu sein. Ist unsere Aufmerksamkeitsfähigkeit beeinträchtigt, wären wir nicht imstande irgendetwas gut hinzubekommen. Daher bildete zu allen Zeiten das Kultivieren stabiler Aufmerksamkeit das Kernelement meditativer Traditionen.

Dabei scheinen wir westlich-modernen, von Reizüberflutung geprägten Menschen sie kaum „im Griff“ zu haben. Im modernen Leben leidet die Gesellschaft an zur Norm gewordener chronischer Ablenkbarkeit. Wir wachen morgens auf und schon geht unsere Aufmerksamkeit unfreiwillig auf Reisen. Das Klingeln des Weckers, Gedanken an den eben erlebten Traum, die Wahrnehmung des aktuellen Gemütszustands, just der Gedanke an das wichtigste To-do am heutigen Tag.

Pascal Herth, geboren 1975, ist Meditationstrainer, Mental Coach, Toningenieur und Podcast-Produzent. Seine Karriere begann er als Toningenieur und entwickelte später in Personalverantwortung ein starkes Interesse an zwischenmenschlicher Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Durch Führungsseminare, 1000km pilgern auf dem Jakobsweg, systemische Aufstellungen und eine NLP Ausbildung erweiterte er seine Kenntnisse. Das Buch „Denken wird überschätzt – Warum unser Gehirn die Leere liebt“ inspirierte ihn dazu, sich mit Meditation und Geistesschulung auseinanderzusetzen. Er absolvierte eine 1,5-jährige Meditationsausbildung und längere Schweigeretreats im Kloster und Klausuren in absoluter Dunkelheit. Aktuell studiert er buddhistische Philosophie & Geisteswissenschaften und setzt sein umfangreiches Wissen und seine Erfahrungen ein, um anderen Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung und Entfaltung zu helfen. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Köln. meditiationscoach.de

Und dies ist nur ein Beispiel einer noch grobgerasterten zeitlichen Abfolge an Wahrnehmungsobjekten unseres kognitiven „Aufmerksamkeits-Laserspointers“. Mit etwas introspektiver Schulung des Geistes können durchaus noch feinere, stroboskopartigere Abtastungen unserer Wahrnehmungssphäre wahrgenommen werden.

Diese erste für den Meditationseinsteiger oft überfordernde Erfahrung mag neben dem schon gesellschaftlich etablierten Zeitmangel auch ein Grund sein, weswegen sich viele zunächst motivierte Anfänger nach kurzer Zeit wieder resigniert von der Meditationspraxis
abwenden.

Dass die Aufmerksamkeit durchaus schnell zwischen eintreffenden Reizen rasch springen kann, sei ganz natürlich und evolutionär herzuleiten, weiß der Historiker Yuval Noah Harari. Im zum Großteil nomadischen Dasein des Menschen als Jäger und Sammler war ein feinsinniges, aufmerksames Abstasten der Umgebung überlebensnotwendig, wenn man in freier Natur nicht des Nachts von wilden Tieren erbeutet werden wollte.

Die heutige moderne Umgebung hingegen, insbesondere in Großstädten, zeigt sich aber offenkundig in ganz anderer Art und führt eher zu einer starken Sinnesüberforderung und darüber hinaus zu einer Abstumpfung der Sinne.

Ohne ein gewisses Training, bspw. durch konzentrative Meditation, nimmt die Fähigkeit die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Wahrnehmungsobjekt über eine bestimmte Zeit stabil zu halten immer weiter ab. Eine 2016 erhobene Studie zur „sozialen Beschleunigung“ eines Forscherteams der Universität Berlin und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Zusammenarbeit mit dem University College Cork und der Technical University of Denmark belegt: Mit steigender Informationsflut sinke die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen. Die Aufmerksamkeit springe immer schneller von einem Thema zum nächsten, weil die Themen, die um die Aufmerksamkeit konkurrieren immer dichter verpackt werden. „Wenn immer mehr Themen ein Stück von der Aufmerksamkeit haben wollen, bleibt für ein einzelnes Thema weniger übrig.“ sagte dazu der beteiligte Co-Autor und Dozent für angewandte Mathematik am University College Cork.

Das scheint sich auch in der Nachfrage der zeitlich immer kürzer werdenden digitalen Inhalte der verschiedenen bekannten Social Media Plattformen wie Facebook, YouTube, Instagramm und TikTok widerzuspiegeln. Naturwissenschaftlich kann man Aufmerksamkeit auch als eine Form von Energie betrachten, die wir unserer Umgebung zukommen lassen. Wir sind Lebewesen, die Energie benötigen, unsere Energiequellen sind bekanntlich Nahrung, Sauerstoff, Schlaf und Licht. Ein nicht geringer Anteil unserer Energie die wir verbrauchen fließt eben dorthin wo unsere Aufmerksamkeit liegt.

Sollten nicht wir selbst bestimmen, wohin unsere mühsam gewonnene Energie fließt? Wären wir andernfalls nicht äußerst fremdbestimmt?

Bedauerlicherweise ist diese Energie, wenn untrainiert weitestgehend führungslos und ungerichtet. Ähnlich einem herrenlosen Gartenschlauch, der unter Wasserdruck wild um sich spritzt, anstatt eine Pflanze gezielt zu bewässern. Das spiegelt sich auch kollektiv im unachtsamen und verschwenderischen Umgang des Menschen mit den Energie-Ressourcen dieser Erde wieder.
Es bedarf also einer inneren führenden Hand. In unserem kognitiven Fall fester Wille und stabile Aufmerksamkeit, um Herausforderungen jeglicher Art zu meistern.

Wer den nachhaltigen Umgang mit der eigenen Aufmerksamkeit, respektive Energie erlernt, wird auch eine entsprechend positive Wirkung in seinem Tun erzielen. Dies lässt sich beispielsweise mit Schulung und Pflege des Geistes in Form von konzentrativer Meditation, traditionell Shamata genannt, wirkungsvoll erreichen.
In der tibetisch buddhistischen Tradition (wie auch in vielen anderen) ist die Kultivierung der Konzentration eine Anfängermethode, eine Voraussetzung, um zu komplizierteren Ansätzen überzugehen. In gewissem Sinne ist sie die allgemeinste Form der Geistesschulung, die eben auch viele nicht-spirituelle Anwendungen hat. Unsere Aufmerksamkeitsfähigkeit ist ein wichtiges Gut, eine wichtige kognitive Fähigkeit, die es lohnt sie zu pflegen, weil sie für nachhaltigen Erfolg in vielen Lebensbereichen und die persönliche Entwicklung von Bedeutung ist.

Sollten sie diesen Beitrag bis hierhin aufmerksam verfolgt haben, dürfen sie sich selbst zu einer sehr guten Aufmerksamkeitsfähigkeit gratulieren. Weitere Infos zum Thema, insbesondere zu Meditation und geistiger Schulung im informativen
Podcast „Buddha bei die Fische“. Ein Podcast zur Geistesschulung zwischen Tradition und Wissenschaft.

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